- jasminoezkan-wyser
Die Unheilige Allianz - Hersteller & Onlinehandel
Konsumenten aller Couleur sind heute äusserst preiskritisch. Mit dem Internet haben wir alle ein ideales Werkzeug um Preise und Leistungen einfach und schnell zu vergleichen. Mehrheitlich fallen solche Vergleiche leider oft zu einfach aus, sodass diese häufig nicht objektiv sind, weil nicht umfassend und kritisch hinterfragt. Den Konsumenten ist dadurch nur bedingt geholfen, weil Preisvergleiche zwischen Onlinehandel und stationärem Handel auf den ersten Blick schlichtweg trügerisch sind und insbesondere bei unseren Produkten, der weissen Ware, ein ungenügendes Bild abgeben.
Vergleicht man die Preise eines Online-Shops mit den Preisen des stationären Fachhandels treten meist exorbitant grosse Unterschiede zu Tage, welche preislich immer zu Gunsten des Onlinehandels ausfallen. Bei einem Preisvergleich auf die schnelle Tour lassen sich diese Preisunterschiede schlichtweg nicht erklären und viele Konsumenten sind damit heillos überfordert. Selbst auf den zweiten, kritischen Blick relativieren sich die Preisunterschiede nur leicht, sodass selbst der gewiefteste Fachhändler dem Interessent gegenüber in Erklärungsnot gerät. Anderseits wird es einem als Fachhändler beinahe übel, weil diese Endverbraucherpreise vielfach auf dem Niveau der eigenen Einkaufspreise liegen. Man stelle sich vor, Endverbraucher, welche in 15 Jahren vielleicht eine Waschmaschine anschaffen, kaufen nahezu gleich ein, wie ein Fachhändler, welcher im Jahr dutzende oder hunderte Geräte einer Marke kauft!
Hersteller lassen den Fachhandel links liegen
Dabei ist die Erklärung ganz simpel. Und weil sie so einfach wie logisch ist will diese eigentlich niemand hören, wahrnehmen, geschweige denn die Umstände ändern. Den Konsumenten erscheint die Erklärung begreiflicherweise befremdlich. Den Konsumentenschützern ist es schlichtweg egal, weil sie den Fachhandel par tout nicht als Bindeglied der Konsumentenkette anerkennen respektive noch nicht entdeckt haben. Die Lieferanten, welche das ganze Chaos letztendlich zu verantworten haben, verleugnen ihre traditionellen Wurzeln des Erfolges, deren Wertschätzung, scheuen die Verantwortung und schieben den Schwarzpeter den Behörden zu um sich dahinter zu verstecken. Die Behörden wiederum fühlen sich nicht zuständig weil sie auf die Gesetzmässigkeiten der freien Marktwirtschaft verweisen. Und der Fachhandel? Was um Himmelswillen macht der Fachhandel? Der Fachhandel steht dieser Situation ohnmächtig und daher untätig gegenüber weil er sich erstens nicht organisiert hat - Stichwörter; Verband, Interessengemeinschaften etc.. Zweitens, weil der Fachhandel aus unzähligen Einzelkämpfern besteht, die als einzelne Firmen keine Marktrelevanz haben und somit keinen direkten Einfluss auf die Lieferanten, die Marktsituation resp. die Marktteilnehmer.
Die Ohnmacht des Fachhandels rührt auch daher, dass dieser von seinen Lieferanten - sprich Herstellern - gelinde gesagt, im Stich gelassen wird. Offenbar haben die Hersteller schlichtweg vergessen, wer sie auf dem Weg ihres Erfolges unterstützt hat. Denn ohne das Engagement, welcher der Fachhandel über Jahrzehnte für diese Marken erbracht hat, stünden Sie nicht da wo sie heute stehen.
Existenzielle Benachteiligung des Fachhandels
Vielleicht ist es die Tugend heutiger Manager die Vergangenheit und Geschichte und der Werdegang "ihres" Unternehmens auszublenden und den Blick ausschliesslich in die Zukunft zu richten. Oder vielleicht passt es einfach in die heutige Zeit, dass man sich nicht seiner Wurzeln besinnt. Tatsache jedenfalls ist, dass die Hersteller den Fachhandel eklatant benachteiligen, indem sie diesem nicht die gleich guten und wettbewerbstauglichen Werkzeuge in die Hand geben, wie den Grossisten und Onlinehändlern. Insbesondere die Einkaufsbedingungen des Fachhandels sind markant schlechter. Damit hat der stationäre Fachhandel einen massiven und vorallem entscheidenden und damit existenziellen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Grossisten, Grossflächenmärkten, Discountern und Onlinehändlern. Aus Sicht der Hersteller ist diese Politik verlockend, haben sie doch mit dem stationären Fachhandel ein flächendeckendes Vertriebsnetz mit Fachkompetenz, Ausstellungs- und Werbepräsenz. Der Fachhandel ist äusserst markentreu, identifiziert sich mit der Marke und deren Produkte, engagiert sich tatkräftig für seine Hausmarken in Form von Publikums-, Hausmessen und Gewerbeausstellungen sowie anderen Aktivitäten, welche die Markenpräsenz und damit letztendlich auch den Verkauf der Produkte fördert. Und als Sahnehäubchen verdienen die Hersteller mit dem stationären Fachhandel gutes, sehr gutes Geld. Diese Goldgrube will man natürlich nicht einfach so aufgeben.
Die Hersteller fungieren als Totengräber
Für die Hersteller erscheint dies auf den ersten Blick sehr verlockend und lukrativ. Aber man braucht keine hellseherischen Fähigkeiten um zu erkennen, dass eindeutige Parallelen zur "Braunware" bestehen. Und diese Geschichte endete ja bekanntlich für die ganze Branche ausnahmslos desaströs. Soll die "weisse Ware" nicht so enden, ist jetzt handeln angesagt, indem sich die Hersteller auf Ihre Wurzeln rück besinnen und dem Fachhandel faire, marktgerechte Wettbewerbsbedingungen garantieren. Dabei muss der Bevorzugung der Grossisten, Grossflächenmärkten, Discountern und Onlinehändlern ein Ende gesetzt werden. Die Ausgestaltung der Konditionen darf nicht nach quantitativen Kriterien wie Stückzahlen, Umsatz und spekulativen Prognosen erfolgen. Es braucht eine eindeutige qualitative Zuordnung mit unterschiedlicher und klarer Gewichtung einzelner Kriterien. Die wichtigsten qualitativen Kriterien sind: eine gesamtheitliche Betrachtung und Bewertung mit Ausstellung, Fachkompetenz, Servicekompetenz, Dienstleistungsangebot, Umsatz in ratio zum Unternehmen, Verkaufs- und Preispolitik etc. um nur die Wichtigsten zu nennen. Mit dieser Bereinigung berücksichtigen die Hersteller echte Werte, was ihren Marke und den einzelnen Produkten zu gute kommt. Der unsägliche Preis- und Margenzerfall wird auf allen Ebenen gestoppt. Die Markenvielfalt und die qualitativ hochwertigen Verkaufskanäle bleiben erhalten. Marken und Produkte bleiben glaubwürdig weil die Konsumenten durch eine stabile Preisbildung wieder Vertrauen haben und die Qualität weniger in Frage gestellt wird. Der Fachhandel erhält für sein Engagement die Wertschätzung die ihm zusteht. Grossisten, Grossflächenmärkte, Discounter und Onlinehändler erhalten ebenfalls eine faire Konditionierung entsprechend ihrem Engagement und Möglichkeiten. Damit ist aber für diese Gilde endgültig Schluss, Verkäufe einzig und alleine über den Preis zu realisieren, weil deren Einkauf deutlich restriktiver sein wird.

Diese leistungsgerechte Bereinigung beruhigt den Markt, was kurzfristig mit einem leichten Rückgang der Stückzahlen einhergeht. Aufgrund der Nachfrage ist dies jedoch nur von kurzer Dauer weil zwangsläufig eine unmittelbare Verlagerung auf andere, qualitativ hochwertige, Verkaufskanäle erfolgt. Noch scheuen die Hersteller eine solche Reform wie der Teufel das Weihwasser ABER sollten Sie das nicht tun, schaufeln Sie nicht nur dem Fachhandel das Grab sondern auch sich selber.
Ob und wann diese Reform stattfindet ist sehr schwierig einzuschätzen. Pessimisten sagen; das steht im besten Fall in den Sternen geschrieben. Optimisten denken; dass man einen Kurswechsel eigentlich erwarten darf, sind doch immerhin einige "kluge Köpfe" an der Spitze der Hersteller. Realisten hingegen meinen; dass es sich bei den Entscheidungsträgern mehrheitlich um unbelehrbare Schreibtischtäter handelt, welchen die Vergangenheit fremd erscheint und die daher auch nichts aus der Geschichte lernen. Gleichzeitig fehlt diesen Menschen auch die Weitsicht, welche für eine prosperierende und nachhaltige Weiterentwicklung unbedingt erforderlich ist.
Fakt ist; es ist fünf vor Zwölf und daher braucht es diese Reformation hin zu qualitativen, leistungsorientierten selektiven Vertriebssystemen ansonsten wird dem Weisswarengeschäft das gleiche Schicksal zuteil wie der Braunware.